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II. KULTURPOLITISCHER SALON

ZUKUNFTSSICHERUNG ALS UTOPIE? MUSEUMSKONZEPTIONEN IM VERGLEICH

11. November 2003, Konzertfoyer der Oper Leipzig

Im August 2002 wurde die bisher akademisch geführte Debatte über die »Zukunft der Museen« auf einmal sehr konkret, gefährlich konkret sogar. Die Bilder von der sogenannten Jahrhundertflut, namentlich die dramatischen Aufnahmen aus den Staatlichen Gemäldegalerien in Dresden, gingen um die Welt. Die Flut war noch nicht abgelaufen, da wurde schon darüber gestritten, ob die Forderung nach dem Bau eines neuen, hochwassersicheren Depots für die weltberühmten Kunstsammlungen ein Gebot der Vernunft oder eine übertriebene Forderung der traumatisierten Museumsleute sei.

Nicht nur in Dresden wird seitdem die Frage gestellt: Wie können Museen die ihnen anvertrauten Kunst- und Kulturgüter verlässlich und »nachhaltig« für die Zukunft bewahren? Sind Investitionen in die Zukunftssicherung und in die Sicherheit von Kunstgütern noch zu leisten, wenn andernorts, wie vor einigen Wochen in Weimar, ein kurz zuvor teuer renoviertes Museum aus kommunaler Finanznot gleich ganz zugemacht wird?

Stärker als noch vor einigen Jahren müssen sich Kunstinteressierte und Kulturpolitiker heute fragen: Welche Museumskonzeptionen funktionieren am Besten, und wie steht es um neue Trägerschaftsmodelle? Wie kann man verhindern, dass bei weiterhin real sinkenden Kulturetats und automatisch steigenden fixen Kosten (z.B. Tariferhöhungen) Museen geschlossen werden? Welche Qualitätsstandards werden zu halten sein? Und nicht zuletzt: Wie gehen die Verantwortlichen mit dem Prozesscharakter von (Gegenwarts-)Kunst um, der sich teilweise einer klassischen Bewahrungsstrategie, manchmal sogar dem Museum an und für sich verweigert?

Der Kulturpolitik, aber nicht nur ihr, kommt die Aufgabe zu, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, und das Museum als Ort der lebendigen Auseinandersetzung zu erhalten. Die herkömmliche Eingliederung der meisten kommunalen bzw. staatlichen Museen in eine für ganz andere Aufgaben bestimmte Verwaltungsstruktur wird seit längerem hinterfragt. Die vollständige Auslagerung musealer Aufgaben an private Träger bedeutet hingegen ökonomischer Druck durch fragwürdige Effizienzkriterien - so die Kritiker. Deshalb verlangt das Museum der Zukunft neben einer inhaltlichen Neupositionierung auch neue Finanzierungsmodelle und Partnerschaften, die privates und staatliches Engagement verbinden.

Die Frage nach der Zukunftssicherung der Museen reicht weit über die Frage nach der Vorsorge gegen (Natur-) Katastrophen hinaus. Museen sind kollektive Gedächtnisorte, deren Sammlungen im Spiegel der Kunst oder Kulturdenkmäler von vergangenen Epochen erzählen und diese auch ein Stück weit vor dem Zugriff der Gegenwart bewahren (sollen). Und die doch, bei aller »Musealität«, mit unserer Gegenwart, ihren Widersprüchen und Konflikten, untrennbar verbunden sind. Ob ihre Zukunftssicherung »utopisch« oder »machbar« sein wird, hängt auch davon ab, ob es den Museen gelingt, inhaltlich und ästhetisch überzeugende Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten - und die Öffentlichkeit weiterhin für sich einzunehmen.

Die Handlungsfelder der Kulturpolitik im erweiterten Europa gehen deutlich über den kommunalen und einzelstaatlichen Aktionsradius hinaus. Im Blick auf die Länder Mittel- und Osteuropas wird eine spezifische Politik erwartet, die mit den Lasten der Vergangenheit umzugehen hat und über alle nationalen Eigenheiten hinaus die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit befördert. Dies ist eine spannende Aufgabe. Wie ist sie zu bewältigen, was ist zu tun, damit - wie es Andrei Plesu, formuliert - der »Zauber jugendlichen Vorausschauens« wieder entdeckt wird?

Es diskutieren:

  • Dr. Gottfried Fliedl
  • Prof. Dr. Wilhelm Hornbostel
  • Prof. Dr. Martin Roth
  • Dr. Barbara Steiner
  • Moderation:
    Dr. Ulrike Gropp

 

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