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PRESSESTIMME

LEERE OPERNHÄUSER? TALK ÜBER DAS KULTURPUBLIKUM

aus der  Leipziger Volkszeitung vom 3. Juni 2005

Alles steht und fällt mit der Definition: Wer unter Kultur nur klassische Musik, schöngeistige Literatur, alte Kunst und institutionalisiertes Schauspiel versteht, mag Anlass finden, die Jugendlichen von heute als kulturlos zu beschimpfen.

Wer hingegen bereit ist, Film, populäre Musik, Literaturshows, HipHop und freie Szenen ebenfalls als Kultur zu begreifen, hat wenig Grund, Desinteresse bei Kids zu befürchten. Eher um eine Förderpolitik, die seltsame Schwerpunkte setzt. »Volle Clubs – leere Opernhäuser? Zur Zukunft des Kulturpublikums«: diese zugespitzte Überschrift stand über dem 7. Kulturpolitischen Salon Dienstagabend in der Oper Leipzig.

Das Podium war klug bestellt: Jörg »Ich brauche kein Theater« Augsburg dürfte für den klassischen Bildungsbürger den Inbegriff des Banausen abgeben, andere schätzen ihn als Musikredakteur und Organisator der »Pop up«. Jürg Keller von der Tonhalle Zürich saß da als ein Wundervollbringer: Knapp jeder fünfte Besucher seines Hauses ist jünger als 25.

Susanne Keuchel vom Zentrum für Kulturforschung Bonn wiederum konnte nach Bedarf mit empirischen Daten aufwarten - und Pessimisten beruhigen: »Eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert.« Gehe man von einem weiten Kulturbegriff aus, dann sei die heutige Jugend »tendenziell kulturinteressierter als die erwachsene Bevölkerung«.

Die Moderation hatte Literaturkritiker Ulf Heise inne, der mit unorthodoxen Fragen überraschte, etwa der, ob das Erfolgskonzept der »Pop up« nicht auf eine Messe für Alte Musik übertragbar sei. Mehr Erfolg versprechen die Konzepte aus Zürich, wo Kinder »La Traviata« spielen können, während die Eltern der echten Oper lauschen, und wo die Reihe »Tonhalle Late« Topleute aus der Klassik und der DJ-Szene zusammenführt. In Zürich geht das Konzept auf. Mit den Worten eines Jugendlichen: »Wir wollen ein klassisches Konzert hören wie unsere Eltern, nur ohne unsere Eltern.«

Vieles spricht dafür, dass gute kulturelle Offerten auch gut angenommen werden. »Das regionale Angebot bestimmt sehr stark die regionalen Interessen«, so Susanne Keuchel.

 

© Hendrik Pupat, Leipziger Volkszeitung, 3.6.2005.
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